A. Sarkis
"Ailleurs, Ici"
„Nahezu verfallene Räume in einem wunderbaren Schloss: Es ist dieser Kontrast, der mir bei meinem ersten Besuch aufgefallen ist.
Es hatte geschneit. Kaum ein Besucher war zu sehen. In fast allen Räumen, sowohl in denen, die der Öffentlichkeit zugänglich waren, als auch in denen, die ihr verschlossen waren, war eine gewisse Melancholie zu verspüren.
Wir begannen unsere Schlossbesichtigung in den sehr schön hergerichteten und allen Besuchern zugänglichen Räumen. Danach sahen wir uns die fast schon verfallenen und für die Öffentlichkeit nicht zugänglichen Räume mit ihren verlassenen Objekten an. Die Mauern verströmten den Hauch der Zeit, der Vergangenheit. Die Räume waren bereits seit mehreren Jahrzehnten nicht mehr geheizt worden - ich erinnere mich, wie ich an ein kleines Fenster trat, um hinauszusehen; die schneebedeckte Landschaft unter den wechselnden Lichtverhältnissen erschien mir wie seit langer Zeit erstarrt. Dieser Eindruck erstarrter Bilder, die sich mit dem Licht verwandeln, ließ später in mir die Idee von Glasmalereien reifen.
Nun galt es einen Entwurf auszuarbeiten. Ich möchte die Menschen einladen, durch die verlassenen Räume zu wandeln, die ich nur geringfügig verändern und bearbeiten würde, manchmal lasse ich die Besucher sogar gar nicht eintreten und so bleiben sie an der Türschwelle stehen und betrachten die Inneneinrichtung des Raumes wie die Szene eines Theaterstücks… Plötzlich dann bemerkt der Besucher eine vor einem Fenster aufgehängte Glasmalerei, die einem Schauspieler mit kontrapunktischer Rolle gleicht. Eine neue Glasmalerei unter Verwendung einer alten Technik, aber mit einer Darstellung aus der heutigen Zeit, die den großen Reichtum unserer Kultur zeigt, seit jeher und aus allen Regionen, von hier und anderswo: ein blühender Kirschbaum in einem japanischen Garten, ein verlassener Palast am Ufer eines Teiches in Ahmedabad, ein Sonnenuntergang in Nordland, der Abbau von weißem Marmor in den Bergen von Carrara, das Gesicht einer indischen Tänzerin im Regen, die architektonische Gestaltung des Jüdischen Museums in Berlin durch Libeskind, ein Brunnen in der grünen Landschaft der Toskana, die Auferstehung von den Toten in einem Film von Dreyer, 12 Kerzen in einer alten Kirche in Armenien, das Entstehen einer neuen Architektur am Rande eines alten englischen Stadtviertels, der Tanze eines Stamms mit Schamanen-Kultur, das großformatig dargestellte Gesicht eines uns anblickenden Mannes, die aus einem kleinen Fenster des Schlosses Chaumont zu sehende verschneite Landschaft…
Jedes Fenster in den verlassenen Räumen erhält eine aufgehängte Glasmalerei, die sowohl vom natürlichen Tageslicht als auch vom künstlichen Licht erhellt wird. Diese beiden Lichtquellen führen zu weiteren Lichteffekten. Ein überaus reiches Bild, festgehalten durch die Technik der Glasmalerei und gleichzeitig doch auch in Bewegung dank der Lichtquellen.
Im ersten Jahr werden anlässlich der Eröffnung im April 2011 vierzig Glasmalereien aufgehängt, darunter zehn, die vor Ort gefertigt werden. Im zweiten Jahr werden zweiunddreißig Glasmalereien erstellt.
Die Glasmalereien erzählen keine Geschichte, sie sind offen für die Geschichte unserer Welt, mit ihren Tausenden und Abertausenden von Bildern." Sarkis
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Sarkis
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