16 Nov. 2024 – 23 Feb. 2025
Kunstsaison 2024/2025
Chaumont-Photo-sur-Loire
Die Natur auf andere Art durch das Auge des Fotografen zu betrachten - das ist der Vorschlag von Chaumont-Photo-sur-Loire. Diese Veranstaltung, die nun zum siebten Mal stattfindet, vereint fünf Künstler, die durch den Reiz, den die Natur auf sie ausübt, zu Zeugen und Zauberern geworden sind - ob sie sich nun dafür entschieden haben, die Welt anhand der Verletzungen durch den Menschen zu erforschen, das Städtische oder die Farben aus dem Leben auszuradieren, um wahre bildliche Darstellungen anzufertigen, oder auch dafür, die Landschaft in mysteriöse, faszinierende Horizonte zu verwandeln. Jeder von ihnen steht am Beginn einer Zeit, die er mit uns teilen will.
Chaumont-Photo-sur-Loire ist für uns jedes Jahr eine Gelegenheit, die Aufmerksamkeit der Besucher darauf zu lenken, wie kostbar und zerbrechlich die Natur ist. Diesmal liegt der Schwerpunkt auf der Notwendigkeit einer schnellen globalen Bewusstwerdung der schrecklichen Gefahren, die auf ihr lasten. Dabei wird dennoch Wert darauf gelegt, Bilder zu bieten, die ein glückliches Betrachten ermöglichen, denn wir sind fest davon überzeugt, dass unsere Welt Frieden und Schönheit benötigt. Ein ausgewogenes Gleichgewicht zwischen diesen beiden Zielen zu finden, ist uns ein wichtiges Anliegen.
In den Oberen Schlossgalerien zeigt Edward Burtynsky eine umfangreiche Reihe von Bildern, die in Afrika entstanden sind. Die Natur dieses Kontinents, von der viele weiterhin meinen, sie sei intakt, ist darin stark in Bedrängnis. Die spektakulären Ansichten des Kanadiers mit einer tadellosen Ästhetik konfrontieren uns allem Anschein zum Trotz mit gefährlichen ökologischen Wirklichkeiten. Wenn der Mensch Grenzen überschreitet, fängt Burtynsky dies mit seiner gesamten Tragweite ein.
Ebenfalls im Schloss erzählt uns Laurent Millet von seinen Erfahrungen in den tropischen Wäldern von Indonesien. Überwältigt von ihrer Fülle, Dichte, Üppigkeit und Vertikalität und beeindruckt von dem Gefühl, von ihnen gleichzeitig umgeben zu sein und zurückgewiesen zu werden, liefert der Fotograf prächtige Ansichten, die von aus dem Orient importierten Stoffen und Brokaten inspiriert wurden.
Zu einer ganz anderen Reise lädt uns Letizia Le Fur in der Stachelschwein-Galerie ein. Ihre Bilder aus Tahiti sind mit nichts Anderem zu vergleichen. Die manchmal beklemmend wirkenden Landschaften verlieren hier ihren bunten Glanz. Das Türkisblau der Lagune, das Grün des üppigen Waldes, das Rot der Hibiskusblüten ... Sämtliche Farben verschwinden, um unseren Blick in eine zwischen Traum und Fiktion schwebende Welt eintauchen zu lassen.
In der Unteren Galerie des Westflügels rückt Nicolas Bruant die gesamte Unauffälligkeit der Welt in den Vordergrund. Der Fotograf, der die Farbe zugunsten einer Farbmusterpalette aus Schatten und Licht unbeachtet lässt, geht über das hinaus, was uns das Alltägliche üblicherweise sehen lässt, und formt eine neue plastische Wirklichkeit. Er, der es gewohnt ist, Frauen und Männer zu fotografieren, die seinen Weg kreuzen, offenbart hier eine ungeahnte Natur, die nur dank seines Blickes zutage tritt.
Auch die verschneiten Landschaften von Jens Liebchen sind überwältigend, wenn auch in einem ganz anderen Stil. Die Bilder, die in der Asinerie zu sehen sind, scheinen jeglicher menschlicher Aktivitäten zu entbehren. Das aufmerksame Auge entschlüsselt das Bild jedoch nach und nach. Wie Schauspieler auf einer Bühne lassen die Bäume mit vom Licht gezeichneten, feinen Konturen den Betrachter vergessen, dass sie mitten in Tokio emporragen. Diese feinfühlige, geordnete Serie reiht sich unmittelbar in die japanische Bildtradition ein, verrät uns aber gleichzeitig etwas über die Gesellschaft, die sie hervorgebracht hat.
An der Schnittstelle dieser fünf Vorgehensweisen liegen die Zeit und die Stille. Die Zeit der Reise und des Ateliers, die Stille des Beobachtens und des kreativen Wirkens: Diese beiden fotografischen Zutaten ermöglichen so viele Lesarten der natürlichen Umwelt, die uns zwar ein kostbares Gut ist, uns aber allzu oft gleichgültig lässt. Bereits das Betrachten lernen bedeutet zu lieben. Es bedeutet, sich der unendlichen Schönheit, die uns umgibt, bewusst zu werden und sie zu achten.
Chantal Colleu-Dumond
Kuratorin von Chaumont-Photo-sur-Loire