Gilbert Fastenaekens
"Noces"
Noces (Hochzeit) bezieht sich auf eine Landschaftsparzelle (das Lieblingsthema von Gilbert Fastenaekens), einen definierten Abschnitt eines Waldes der französischen Region Champagne-Ardenne, der zwischen 1988 und 1996 mit allen seinen Details fotografiert wurde. Die schwarzweißen Barytabzüge sind mittelgroß. In dieser Serie erfindet Fastenaekens den Landschaftsbegriff neu. Die Natur wird von ganz nahem in ihren kleinsten Details aufgenommen. Das Dickicht kommt hier dichtem Laub gleich. Die im Wesentlichen graphische Wiedergabe dieser Schwarzweißbilder verstärkt die fast analytische Wirkung der Sichtweise. Die Natur wird in ihrer banalsten Dimension gezeigt, mit denjenigen ihrer Aspekte, die am meisten vernachlässigt und am weitesten von Blicken entfernt sind.
In dieser der Wirklichkeit angenäherten Studie fasziniert, desorientiert und destabilisiert die Fremdheit des Motivs selbst das Auge, das am geübtesten darin ist, nur das zu sehen, was es kennt.
In Noces setzt sich Gilbert Fastenaekens mit der Natur auseinander. Eine dichte Natur, streng und empfindsam zugleich, eine mächtige und wilde Vegetation, die auf einer vom Ersten Weltkrieg geplagten Erde neu entsteht. Der Künstler kam wiederholt an einem von ihm gewählten eng begrenzten Ort des Waldes, um sich selbst zu messen, bis zu einer Form der doppelten Erschöpfung, der seines Blickes und der des Motivs, die der Kraft einer persönlichen Erfahrung Platz lässt.
„Nach einer gewissen Zeit, als ich schon nicht mehr damit rechnete und die Gründe meiner Anwesenheit vergessen hatte, als jeder Gedanke an Entweichen oder Notwendigkeit verschwunden war, kamen seltene Momente, starke und ruhige Gefühlsempfindungen, die mir ermöglichten, mich voll und ganz im Wesen der Dinge zu fühlen. Ich fühlte, wie ich zu einem Baum, einem Stein und einer Landschaft wurde, die Gegenwart so akzeptierend wie sie war, und gerade dadurch ihren Sinn offenbarend. Zusammen mit der Zeit verging ich und empfand voller Bescheidenheit, wie die symbolische Passage vom Zeitlichen ins Räumliche das Vergängliche auflöste, um nur den im Raum präsenten Augenblick anzuzeigen." Auszug aus dem Text Noces von Gilbert Fastenaekens.
Biographische Angaben
Ausgehend von einem reichen fotografischen Korpus, entstanden aus einer tiefen ungefähr fünfzehn Jahre andauernden Reflexion über die Architektur und den urbanen Raum von Brüssel – blinde Wände, nichttragende Wände, Baustellen und freie Flächen zwischen bestehenden Häusern in der Stadt etc. – hat der Künstler Bilder einer großen formalen Dichte ausgewählt. Diese Farbfotografien, im Digitaldruck erstellt und in einem Format präsentiert, das bis zu 2 m x 2,5 m messen kann, konfrontieren den Betrachter fast schon physisch mit der Banalität des heutigen Wohnbereichs.
Seit 1993 ist er mit dem Grafiker Joël Vanaudenhaege als Verleger mit Spezialisierung auf zeitgenössische Landschaftsfotografie (ARP Editions) aus.