Kunstsaison 2023/2024
Chaumont-Photo-sur-Loire

Was ist Natur? Was ist Fotografie? Welche Verbindung haben sie zur Architektur? Jedes Jahr bietet Chaumont-Photo-sur-Loire einzigartige Antworten auf diese Fragen. Antworten, die weder doktrinär noch theoretisch sind, sondern sensibel. Naturbilder, die uns einige Geheimnisse offenbaren, sowohl über das fotografierte Objekt, als auch über denjenigen, der die Kamera hält oder über das Medium selbst.

Diese sechste Ausgabe von Chaumont-Photo-sur-Loire führt sechs Künstler zusammen, die durch die Anziehungskraft der Natur zu Poeten und Zauberern geworden sind. Ganz gleich, ob sie sich zur Beobachtung eines Details oder zur Umarmung einer ganzen Landschaft entschieden haben – sie machen keine ausführliche Abhandlung, sondern stehen jeweils am Beginn einer Zeit, die sie mit uns teilen möchten. Das Bild spricht für sich selbst, ohne jeglichen Kontext.

Ohne Anhaltspunkte strengt sich das Auge wirklich an, während sich der Geist vor Neugierde begeistert. Was beobachtet er? Samen wie Juwelen, Algen wie Efeu, Architekturen wie Landschaften. Wenn der Himmel im Meer versinkt, zeichnen sich die Bäume vor einem weißen Horizont ab. Die Poesie ist der Leitfaden, der die Blicke von einem Werk zum anderen, von einem Künstler zum anderen lenkt.

Auch wenn jede Ausgabe von Chaumont-Photo-sur-Loire für uns eine Gelegenheit ist, die Aufmerksamkeit der Besucher auf den wertvollen und zerbrechlichen Charakter der Natur zu lenken, ist diese sechste Ausgabe bewusst stiller und meditativer; Eigenschaften, die eher Staunen als Bewusstsein hervorrufen, so sehr sind wir grundlegend davon überzeugt, dass unsere Gesellschaft Schönheit und Sanftheit braucht.

In den Oberen Schlossgalerien präsentiert Éric Poitevin Unterholz, Bäume und andere getrocknete Pflanzen. Dieser große französische Künstler, der mithilfe der Fotografie die verschiedenen Genres der Kunstgeschichte – Porträt, Landschaft, Stillleben, Akt – neu beleuchtet, ist unübertroffen darin, den Augenblick festzuhalten und mit dem Besucher in einen Dialog zu treten.

In einem ganz anderen Register hängt der nicht minder bekannte koreanische Fotograf Bae Bien-U wieder einmal seine traumhaft schönen Landschaften in der Domaine von Chaumont-sur-Loire auf. In Frankreich ist er für seine mysteriösen, in Nahaufnahmen festgehaltenen Wälder bekannt. In seiner Serie Orum zeigt er weite Landschaften, Bilder von Vulkanhügeln mit malerischen Zügen.

Ljubodrag Andric, ein Fotograf mit dreifacher Staatsangehörigkeit – kanadisch, italienisch und serbisch –, nimmt ebenfalls im Schloss die Oberen Galerien mit Bildern einer Architektur in Beschlag, die wie von der Natur erobert wirkt. Absolut kontextlos präsentieren sie sich wie Rätsel von Materie und Licht, wahre Echos vergangener Zeiten.

Auch die Serie Graubaum und Himmelmeer von Loredana Nemes ist fesselnd. Die aus Rumänien stammende Künstlerin ist von der größten deutschen Ostseeinsel Rügen überwältigt. Sie nimmt uns mit in ihr Staunen und zeigt uns atemberaubende Landschaften. Im Eselsgehege zeigen ihre wie Gemälde komponierten Fotografien den majestätischen Zyklus der Jahreszeiten.

Eine andere außergewöhnliche Reise ist diejenige, zu der Nicolas Floc’h einlädt. Im Agnès Varda-Hof präsentiert der französische Künstler Initium Maris, eine Auswahl von Bildern üppiger Unterwasserwälder, die er in der Bretagne aufgenommen hat. Im Gegensatz zur üblichen Unterwasser-Ikonografie führen seine wunderschönen Schwarz-Weiß-Fotografien in die wenig bekannten Wunder der Ozeane ein und dienen gleichzeitig der Anregung der Fantasie.

Zum Abschluss dieser 6. Ausgabe von Chaumont-Photo-sur-Loire hoffen wir, Sie noch einmal mit einer außergewöhnlichen Serie von Thierry Ardouin zu überraschen. Seit 2009 beschäftigt sich der französische Fotograf mit der Welt der Samen. Als Ergebnis einer äußerst sensiblen Fokussierung und einer langen Aufnahmezeit ist jedes Bild eine außergewöhnliche Entdeckung einer von ihnen. Auf dass die Schönheit die Welt besäe.