A. Paul Rebeyrolle
"Paysages"
Schon sehr früh, im Alter von fünf Jahren, war er in seinem Körper gefangen, denn eine Knochentuberkulose
zwang ihn bis zu seinem zehnten Lebensjahr zur Unbeweglichkeit – doch wahrscheinlich steckt im Werk des 1926 geborenen Künstlers Paul Rebeyrolle zum Teil gerade deshalb ein frappierender Lebensdrang. Tatsächlich bringen seine Gemälden und Skulpturen eine unbändige Energie hervor. Im Übrigen betonte der Künstler immer, er liebe das Leben schon jeden Morgen beim Aufstehen und freue sich darauf, sich schnell auf den Weg in sein Atelier zu machen, um sich seinen schöpferischen Tätigkeiten hinzugeben.
Die Jahre seiner Genesung in seiner Geburtsregion, dem Limousin, sind für ihn auch Jahre des Lernens. Eingegipst malt und zeichnet er unablässig. Der Mann ist ebenso lebendig wie seine Kunst, die mit ihm wächst. Nostalgie und kindliche Träumerei haben keinen Platz in seinem Werk, das fest im jeweiligen Zeitgeschehen verankert ist. Zahlreiche Bilderreihen säumen deshalb die 57 Jahre seines Wirkens von 1948 bis 2005. Mehr noch als von Aktualität seiner Malerei spricht Stéphane Vacquier sogar von Exaktheit, so sehr reflektieren sich in ihr die Belange seiner Zeit und eine Art kompromissloser Scharfsinn.
1995 eröffnet er den Espace Paul Rebeyrolle in seinem Heimatort Eymoutiers. Dieses untypische Kunstzentrum, das mit dem Architekten Olivier Chaslin entworfen wurde, versteht er, der mit Georges Guingouin befreundet war, als einen Ort des kulturellen Widerstands, als „Bastion“. Hier wird dauerhaft sein Werk Le Cyclope ausgestellt, eine Hommage an den Résistance-Kämpfer. Neben seiner eigenen Sammlung soll der Ort auch offen für temporäre Ausstellungen anderer Künstler sein, weitab von der kommerziellen Vermarktung von Kunst.
2005 malt er seine letzten Bilder mit den vielsagenden Titeln: Le Néant („Das Nichts“) 1, 2 und 3. Das letzte davon entstand im Februar. Am 7. stirbt er... Bis zum Ende also mischt dieser außergewöhnliche Künstler Leben und Werk, er arbeitete und atmete in einem Zug.
BIOGRAPHISCHE ANGABEN
Paul Rebeyrolle wird 1926 in Eymoutiers (Haute-Vienne) geboren. 1931 erkrankt er an Knochentuberkulose und liegt daraufhin fünf Jahre lang in Gips. Später studiert er in Limoges. Mit 18 Jahren begibt er sich nach Paris, wo er seine Kenntnisse der Malerei vertieft. Er lässt sich in der Künstlerkolonie La Ruche nieder und lernt Madeleine Tellikdjian kennen, die den Spitznamen Papou trägt und die er 1967 heiratet. Von 1947 bis 1949 nimmt er am Manifeste de l‘Homme-Témoin teil, das eine Rückkehr zum Realismus anpreist. Schnell gilt er als Anführer der jungen gegenständlichen Malerei, will jedoch keiner Strömung angehören und geht so oft wie möglich auf Reisen.
1953 tritt er der Kommunistischen Partei bei. Er tritt wieder aus, als 1956 die UdSSR in Ungarn einfällt, und malt zu diesem Anlass ein Bild mit dem Titel À bientôt j’espère („Bis bald, hoffe ich“).
1959 ist er 33 Jahre alt, als er den Ersten Preis der ersten Biennale von Paris verliehen bekommen, für ein 4,20 x 18 m großes Monumentalgemälde, Planchemouton. Diese Auftragsarbeit ist für die Treppe des Palais des Beaux-Arts bestimmt.
1963 verlässt er Paris und zieht mit Papou ins Département Aube. Seine erste Ausstellung, die in der Galerie Maeght in Paris stattfindet, ist eine Bilderreihe über „Die Arbeitsgeräte des Malers“ (Les Instruments du peintre), die dem Material eine besondere Rolle zukommen lässt. Als er unter hundert Künstlern der Gruppe Salon de Mai nach Kuba eingeladen wird, beteiligt er sich an der Ausarbeitung einer 55 m2 großen Wandmalerei. Auch fertigt er die Werke Le Sol de Cuba I und II an, die die Reihe Guérilleros einläuten.
Ab 1968 beginnt er einen Zyklus aus sogenannten „politischen“ Reihen. Den Kalten Krieg behandelt er in seiner Reihe Coexistences (1970), zu deren Katalog Jean-Paul Sartre das Vorwort schrieb. Drei Jahre später stellt er die Reihe Les Prisonniers aus, diesmal mit einem Vorwort von Michel Foucault im Katalog. Danach wartet er mit den Reihen Faillite de la science bourgeoise, Natures mortes et pouvoir und Grands Paysages auf.
1979 ist er einer der wenigen lebenden Künstler, denen in den Nationalgalerien des Grand Palais eine Retrospektive gewidmet wird. Vor ihm reihten sich hier Picasso, Chagall, Hélion, Beaudin, Bacon, Dubuffet, Miró und Ernstet Tal-Coat.
1982 vollendet er die Reihe Les Évasions manquées, die nicht weniger als 60 Bilder umfasst. Darauf folgen die Reihen On dit qu’ils ont la rage (1984), Germinal (1986), Au Royaume des aveugles (1987), Les Grandes têtes (1989), Les Panthéons (1990) und Splendeur de la vérité (1993).
1995 erklärt er sich auf Anfrage des Bürgermeisters von Eymoutiers bereit, den Espace Paul Rebeyrolle zu eröffnen, unter der Bedingung, dass dieser Ort seinem Wesen entsprechen möge und kein starres Museum werde, sondern ein offener, in die Landschaft integrierter Raum, am Rande der Kunstpfade. 2002 kreiert er hier einen Skulpturengarten.
2003 vollendet er seine Reihe Clones, die sich mit den Ausartungen der Wissenschaft befasst. Neunzehn dieser Gemälde werden in der Galerie Claude Bernard gezeigt.
Am 7. Februar 2005 verstirbt er im Alter von 78 Jahren, nachdem er seine letzten Bilder Le Néant 1, 2 und 3 signiert hat.