Bedienstetenraum, Schloss
A. Isa Barbier
“Faisceau”
published at 31/01/2020
Die Arbeit von Isa Barbier entsteht in erster Linie durch das Kennenlernen, Verstehen und Interpretieren eines Ortes. Dieser oftmals spezifische Ort – Kapelle, Schloss, Kloster, Küstengebiet etc. (aber auch traditionellere Museen und Galerien) – bestimmt durch seine Besonderheit die Erscheinungsart des künstlerischen Wirkens.
Isa Barbier arbeitet also die meiste Zeit an den entsprechenden Orten, wo sie Installationen aus leichten, bewegten Materialien (Federn, Blütenblätter, Spiegel...) entstehen lässt, die in geometrischen, architektonischen oder dynamischen Formen angeordnet sind. Ihre Werke scheinen im Raum zu schweben.
Diesen schwebenden Elementen sollte man Licht, einen Windhauch, Luft als instabile Bestandteile beifügen, die zur Wahrnehmung des Werkes, zu seinem schwankenden Zustand beitragen.
Die Wirkung der äußeren Elemente ist nicht belanglos, sie unterliegt sowohl dem künstlerischen Konzept als auch den Materialien. So lassen sich die luftigen, lebendigen Werke Isa Barbiers immer wieder neu entdecken.
Ein anderer Bezug zum Werk
„Eine Installation aus Federn ist ein Objekt, das sich nicht erfassen lässt, nicht einmal durch die Fotografie, und das nur eine Rolle des immer nachlassenden, lückenhaften, befangenen Gedächtnisses innehat. Diese Skulpturen aus Luft bestehen aus nichts als offensichtlicher Empfindlichkeit. Ein günstiger Ort weitab von Tumult und Trubel sowie einfache und geduldige Pflege können ihnen die Überlebensdauer geben, die man ihnen zugestehen möchte.
Die Fäden können entwirrt, das Wachs zwischen den Fingern überprüft, die Federn ersetzt oder gewaschen werden. All diese Aufmerksamkeiten sind ein Vergnügen, aber auch ein Zwang. Um diesen zu beenden, kann man das Werk abhängen. Der große Umfang reduziert sich nun auf eine Handvoll Federn, die in einer „Urnenkiste“ abzulegen sind. Später kann das Werk am selben Ort und unter Verwendung der "Partitur" und der in Wartestellung versetzten Federn erneut interpretiert werden. Das Werk befindet sich zwischen Verschwinden und Kontinuität. Sein Leben hängt von unseren Taten ab. Man muss sich trauen, es anzufassen, behutsam, geduldig und sanft, um es am Leben zu halten, aber man muss auch akzeptieren, dass das Werk eines Tages sein Ende finden wird, sei es aus freier Entscheidung oder durch ein Versehen. Und in diesem Ende muss man Schönheit, Freiheit finden. Einen neuen Raum. Wir stehen vor diesem schwebenden, so verletzlichen und dadurch so kostbarem Leben wie vor unserem eigenen Leben.” Isa Barbier
„So sind ihre Federn, alle gleich, alle unterschiedlich. Falsche Fraktale. Wie eine Summe aus gleichen Elementen, von denen keines identisch ist und alle bis ins Unendliche wandelbar sind. Man meint, dass sie in den Sonnenstrahlen den Tanz der Partikel beobachtet und sich mit ihrem Blick zur Botschafterin der natürlichen Verläufe macht, die dem Zufall und der Notwendigkeit entspringen.
Isa Barbier bietet eine Welt in möglicher Ausdehnung, aber auch in möglicher Auslöschung. Diese so flüchtige Bewegung, diese Welle, die Linien verschiebt, dieser Wind, der den Körper der Werke verformt oder bricht, diese Skulptur des Leeren, das sich nicht vor dem Nichts fürchtet, verweist eher auf den Raum zwischen den Dingen als auf die Dinge selbst. Und führt im Lauf der Werke einen Gedanken der sich wandelnden Form ein: was sich bewegt, wie fein es auch sein mag, widerlegt das Trugbild eines ewigen, unauflöslichen, am Himmel der Ideen stehengebliebenen Zustandes.
Wie ein Abdruck im Sand lässt dieses Werk in Stein Gemeißeltes mühelos außer Acht. Und seine Leichtigkeit hat nicht nur mit dem Motiv der Feder, der Blätter, des Fadens zu tun, sondern auch mit der Methode, die von nichts Gebrauch macht, was nicht schon vorhanden wäre: vom Himmel gefallene Hüllen, zusammengetragen und mit einem geschichtsträchtigen Ort, Schloss, Kapelle etc. vereint. Nichts wird der Welt weggenommen, nichts oder nur wenig wird hinzugefügt, aber die Gesamtheit ist anders angeordnet. Isa Barbier scheint sich geschmeidig in die Räume einzufügen, die sie bezähmt, ohne sie zu zerreißen.” Christine Rodès, Juni 2012
BIOGRAPHISCHE ANGABEN
Isa BARBIER
FRANKREICH
Isa Barbier, 1945 in Cannes geboren, ist eine französische Künstlerin, die als Pendlerin zwischen Marseille und Italien lebt und arbeitet. Ab 1966 studiert sie in Nizza dekorative Künste, 1971 erlangt sie an der Universität von Aix-en-Provence einen Doppelabschluss in Geschichte einerseits und in Kunstgeschichte und Archäologie andererseits. Aufgrund dieser Erfahrung bekommt sie die Möglichkeit, von 1970 bis 1980 zehn Jahre ihres Lebens archäologischen Ausgrabungen zu widmen, was sie nicht daran hindert, noch zusätzlich im Jahr 1973 einen allgemeinen Hochschulabschluss in Psychologie zu erwerben. Ab 1980 verschreibt sie sich der Bildhauerei und dem Zeichnen. 1993 erlangt sie spät ein Diplom im Studium plastischer Künste.
Das Sammeln der Materialien für ihre Werke, natürliche Elemente, die sie direkt vom Boden aufliest, geht auf ihre Kindheit mit einem Vater zurück, der als Botaniker und Liebhaber der Naturwissenschaften Pflanzen und Insekten sammelte.
In der ersten Monografie, die ihr 2017 von den Éditions LIENART gewidmet wird, unterscheidet Nathalie Ergino bei der Künstlerin vier Arten von Arbeiten: Zeichnungen auf Papier, Wandreliefs, ortsspezifische Installationen und Mikrostrukturen.