09. Le jardin du paradoxe
Awarded on the 12th of June 2024 by a jury of professionals renowned in the world of garden art
Dieser Garten lenkt die Aufmerksamkeit auf eine verkannte Lebensquelle: den Permafrostboden. So wird eine Bodenschicht bezeichnet, die bereits seit mehr als zwei Jahren gefroren ist. Der Permafrostboden befindet sich unter dem borealen Wald und in den Tiefen der Tundra, bewohnte Gebiete, die von seiner Präsenz entscheidend geprägt sind. Er lässt das Leben nicht ins Stocken geraten, sondern bringt dessen Formen hervor. Die Auswahl, das Wachstum der Pflanzen und die Entwicklung der Tiere vollziehen sich natürlich eher an der Oberfläche. Diese jahrtausendealten Ökosysteme werden heute von der Klimaerwärmung bedroht. Das Schmelzen des Permafrostbodens setzt nämlich Ammoniak frei, ein starkes Treibhausgas. Dieses Ungleichgewicht wird im Garten durch einen Erdrutsch, versetzte Bäume und einen schiefen Holzzaun sichtbar gemacht. Eine Skulptur gibt einen beunruhigenden Überblick über die klimatischen Bedingungen und die Vegetation der Vergangenheit, wie ein lebensgroßes Herbarium. Dieses Heraufbeschwören des Permafrostbodens offenbart auch eine unterirdische, lebendige Welt, die durch den Frost erhalten bleibt und eine Hoffnung in sich trägt: das unterschwellige Leben. Wassertropfen markieren die Zeit der Reflexion, zwischen Scharfsinnigkeit und Optimismus, und stellen uns Fragen zur Anpassung des Menschen an die klimatischen Belastungsproben.
GESTALTUNG
Der ursprünglich aus der Slowakei stammende Landschaftsarchitekt Michal Bučko, ließ sich vor mehr als zehn Jahren in Belgien nieder. Nachdem er an der Fakultät für Gartenbau und Landschaft der SPU Nitra (Slowakei) seinen Abschluss erlangt hatte, bildete er sich an der Nationalen Hochschule für Natur und Landschaft in Blois (Frankreich) weiter. Er arbeitet in einem belgischen Planungsbüro als Projektleiter und Planer öffentlicher Räume und trägt aktiv zur Verbesserung urbaner Lebensräume bei. Vielfältige Erfahrungen sammelte er bei der Arbeit an Projekten in der Slowakei, Frankreich, Belgien und Luxemburg. In diesem Jahr nimmt er zum zweiten Mal am Internationalen Gartenfestival in Chaumont-sur-Loire teil, wo er seine Kreativität in den Vordergrund rückt und zur dynamischen Atmosphäre des Festivals beiträgt.
Raphaële de Broissia studierte Textildesign an der École Conte und bildende Künste an der Nationalen Kunsthochschule. Bis 2016 lebte sie in Paris. Danach zog sie von 2016 bis 2020 nach Hongkong und lebt heute in der Nähe von Annecy. Ihre Arbeit ist eng mit den jeweiligen Orten verbunden, die sie einnimmt und mit Hilfe von Alltagsmaterialien, die sie anhäuft, umgestaltet und erneuert, transformiert. Schon an der Kunsthochschule experimentierte sie mit der Installation. Nach dem Studium vertiefte sie diese künstlerische Ader, indem sie mit dem von ihr gegründeten Kollektiv In Fieri ihre Projekte an ungewöhnlichen Orten ansiedelte. Jedes Mal gilt eine einfache Regel: die besondere Identität des Ortes respektieren und zugleich mit Materialien, die mit dem Ort verbunden sind, über sie hinausgehen. Diese Installationsarbeit inspiriert Raphaële de Broissia zu ihren Ausstellungen. Die Galerie zeugt von ihren Recherchen außerhalb der Mauern und ermöglicht es ihr, die von ihr kreierten Materialien in Szene zu setzten. Ihre wohl außergewöhnlichste Technik, „Paper Tapestry“, die auf Latex-Luftballons und Abdeckklebebändern beruht, wurde zunächst für die Installation einer Höhle in einem Treppenhaus der Kunsthochschule entwickelt. Im Folgenden wurde sie in zahlreichen Werken verwendet, insbesondere ab 2017 in Hongkong, aufgrund ihrer Ähnlichkeit mit den getrockneten Fischen an den traditionellen Marktständen... Eine Retrospektive dieser Arbeit wurde 2023 in der Galerie Frederick Mouraux in Brüssel präsentiert. Seit 2021 ist Raphaële de Broissia Kuratorin der Biennale für zeitgenössische Kunst „Botanische Legenden“ im Schloss von Menthon-Saint-Bernard. Dort haben bereits namhafte Künstler wie Sheila Hicks ihre Werke ausgestellt. Die dritte Auflage ist in Vorbereitung!