10. Le jardin de la fontaine anémone
Garten von Jean-Philippe Poirée-Ville
Le jardin de la fontaine anémone verschmilzt zu 98 % mit seiner Umgebung, außerhalb hat er kein Bestehen. Die Unsicherheit dieses Daseins, das nur an 2 % hängt, lädt zur Meditation ein. Die pflanzlichen Tentakel, gestickt wie ein Perserteppich, verschlingen sich ineinander und ziehen den Besucher wie ein Sog zum Wasser des Brunnens. Die Wegführung verweist auf Klostergärten.
Beim Betreten dieser Parzelle fühlt sich der Besucher wie in einem Vivarium, nicht als säße er in der Falle, aber konfrontiert mit einer zerbrechlichen Wirklichkeit, die dazu anregt, darüber nachzudenken, wie wir heute leben und wie wir in zehn Minuten leben könnten, wenn wir ungeschickt sind. Dieses drohende Kippen lädt zum Gleichgewicht ein. Die Wegführung entspricht dem Geist des Gartens, wo alles auf den Spitzen der Tentakel ausgetanzt wird.
GESTALTUNG
Jean Philippe Poirée-Ville ist Architekt und Landschaftsplaner. Als Enkel von Landwirten fühlt er sich seit seiner frühen Kindheit vom Rhythmus der Jahreszeiten, der Arbeit auf den Feldern und der Natur inspiriert.
Er wendet sich einem Architekturstudium zu und schließt die École Spéciale d’Architecture 1996 ab. Parallel dazu folgt er dem Lehrangebot der École Nationale Supérieure de Paysage von Versailles, wo er seine Leidenschaft zur Natur glücklich in die Tat umsetzen kann. Er meldet zwei Patente an für ein neues System der hydroponischen Landwirtschaft an der Luft. Seine doppelte Ausbildung und der Unterricht von Paul Virilio bringen ihn dazu, über pflanzliche Ornamentik und Informationstechnologie nachzudenken.
Er beginnt sein Berufsleben als Architekt und gestaltet verschiedene Ausstellungen zum Thema Licht und Pflanzenwelt. Er vereinigt eine Künstlergruppe rund um das Konzept „Hyperlumière“ („Hyperlicht“) bei den Ausstellungen Les Mondes Lumières bei der Fondation EDF im Jahr 2001, im Espace Braquage und an der École Spéciale d’Architecture. Mit Hubert Reeves und Michel Cassé nimmt er an der Ausstellung Les Passeurs de Lumière in Chartres teil. 2004 erarbeitet er die Fassadenbeleuchtung der Kathedrale Saint-Jean in Lyon für die Fête des Lumières.
2003 entwirft er für das Internationale Gartenfestival in Chaumont-sur-Loire den Garten Entreciel, im Jahr 2012 Sylphe, der Jardin flottant du songe folgt 2014 und Fleurs d’outre- tombe 2016.
Im Rahmen der Nuits Blanches verwirklicht er 2005 am Schloss von Versailles einen hängenden Garten im Hof der Königlichen Oper.
Er setzt seine Forschungsarbeit mit dem INRA fort und verwirklicht Projekte für France Galop, La Villette, den Élysée-Palast, die Stadt Straßburg, die Fondation EDF, Le Potager du Roi, das Kunst- und Naturzentrum von Chaumont-sur-Loire, das Anwesen des Außenministers, den Disney-Park und die Stadt Annecy. Seine Projekte führen ihn auch ins Ausland: Montréal, Shanghai, Moskau ...
Er arbeitet mit renommierten Architekturagenturen wie Claude Parent, Jean Nouvel, Wilmotte, François Roche, Landschaftsplanern wie der Agence TER oder dem Botaniker Patrick Blanc zusammen.
Für Jean-Philippe Poirée-Ville ist die Schrift der Pflanzen die erste Architektur, sie erstreckt sich durch Zeit und Raum und kann die Stadt von morgen mit einer Verbindung aus Poesie und Natur versorgen.