Prinzessinenzimmer, Schloss
Hanns Zischler
"Nach der Natur"
published at 16/11/2018
Hanns Zischler ist im kulturellen Leben Deutschlands und Europas eine herausragende Persönlichkeit. Herausgeber, Schriftsteller, bedeutender Schauspieler –er hat über 170 Filme gedreht–, aber auch ein bemerkenswerter Fotograph, der sich vom Naturschauspiel inspirieren lässt. Unter Einsatz der alten Aufnahmetechnik mit Lochbild-Kamera in Verbindung mit den neuesten digitalen Techniken erkundet Hanns Zischler alle poetischen Virtualitäten des Lichts und lässt das Beben, die tiefe Vibration einer Landschaft auftauchen, indem er in demselben Bild den Zauber des Sichtbaren und des Unsichtbaren verschmelzen lässt.
„Hanns Zischler, den die Frühgeschichte und die Anfänge der Fotographie seit langem faszinieren hat die Sténopé gewählt und macht daraus mit der Farbe ein Instrument einer Erkundung, das sich einerseits zu dieser magischen Einfachheit verdichtet und andererseits die Besonderheiten derartiger Bilder hervorhebt. Es geht mithin darum, durch diese Bilder die Wirkung und Kraft des Lichts zu offenbaren, und die Farbe leistet hier einen großen Beitrag: Denn wenn auf der einen Seite die uns so gebotenen Ansichten der Welt die Möglichkeit eines fortgesetzten Ursprungs andeuten, als ob die Vergangenheit oder Erinnerung des Fotografen ganz natürlich nach oben steigen, so erscheinen sie auf der anderen Seite als gewaltsam in eine offensichtliche Modernität eingetaucht. Zwischen dieser Erinnerung in Schwarz und Weiß und dieser Offenbarung in Farbe liegt die ganze Geschichte der fotografischen Sensibilität, die sozusagen ausgedehnt wird.
Das Verwirrendste der mit Lochbild-Technik erhaltenen Bilder ist sofort spürbar, aber sehr schwer zu definieren. Sie vermitteln den Eindruck, weit mehr als etwas Unbestimmtes zu sein, sondern eines unvollendeten, vorübergehenden Zustands des Bildes: Man hat beim Ansehen das Gefühl, vor Bildern zu stehen, die noch weiterhin entstehen, noch im Werden sind. Als ob das „bougé“ (Bewegte) sich im Licht befindet, und als ob das Licht sich vor uns über seine eigene Ablagerung wundert. Mit der Farbe erhält dieses Erstaunen in den Bildern von Hanns Zischler eine Lebendigkeit, die gleichzeitig auch bereits ihr Abschied ist: Die intensivste Farbe scheint sich bereits abzuschwächen, davonzugehen.” Jean-Christophe Bailly in Nach der Natur - camera obscura, Kehrer Verlag, 2013.
BIOGRAFISCHE ANGABEN
Hanns ZISCHLER
DEUTSCHLAND
Der gebürtige Nürnberger (1947) Hanns Zischler ist vor allem als Filmschauspieler bekannt. Er wirkte in den Filmen von Wim Wenders, Peter Handke, Jean-Luc Godard, Claude Chabrol, Liliana Cavani, Istvan Szabo, Steven Spielberg sowie zahlreichen Fernsehfilmen und –serien mit. Nach seinem Studium der Philosophie, Ethnologie und deutschen Literatur in München und Berlin arbeitete er zwischen 1972 und 1975 als Dramaturg an der Berliner Schaubühne. 1986 spielte er mit Jeanne Moreau in Hermann Brochs Erzählung der Magd Zerline unter der Regie von Klaus Michael Grüber im Théâtre des Bouffes du Nord.
Außerdem arbeitet er als Übersetzer (unter anderem von Jacques Derrida), Publizist (Alpheus Verlag), Essayist und Schriftsteller Tagesreisen (Mervé-Verlag, 1994), Kafka geht ins Kino (Rowohlt, 1996), I wouldn’t start from here – verzettelte Geschichten (marbacher-magazin, 2008). 2013 erscheint sein Essai Berlin ist zu groß für Berlin bei Galiani.
Seine Arbeit als Fotograph beginnt 1970. Seit etwa fünfzehn Jahren verwendet er vorzugsweise eine camera obscura (Rigby pinhole camera).