Kann man eine Mahlzeit anbieten, ohne sie zu kosten? Dies ist die Herausforderung dieses Gartens, der den Geschmackssinn mit allen anderen Sinnen, die eine Mahlzeit weckt, ansprechen will: Das Essen ist doch ein soziales Ritual, das nicht nur die Sinne stimuliert, sondern auch Sinn macht – durch die Gemeinsamkeit und Gastfreundlichkeit und durch alles, was es uns über seine Herkunft mitteilt.
Aber erzählen uns unsere Mahlzeiten heute von Sinn und Widersinn? Welchen Geschmack bieten uns unsere Teller und Mahlzeiten, von welchen Landschaften erzählen sie? Standardisierte, geeichte Früchte und Gemüse, ohne Aroma und Vitamine, die nicht im Boden oder auf unfruchtbaren Böden angebaut werden, mit Dünger und Pestiziden belastet sind, vor ihrer Reife geerntet und Hunderte von Kilometern im Lastwagen oder Flugzeug transportiert werden? Oder erzählen sie uns von lokalen Produkten oder Erzeugnissen des Gemüsegartens, alten und vielfältigen Saaten, die uns die Natur und Generationen von Landleuten hinterlassen haben, von der Kunst des Mischkulturen, der Zuhilfenahme natürlicher Hilfsmittel, ausgewogenen Landschaften, die durch diese Praktiken gestaltet werden?
Die Beziehung zwischen einem schönen Gebiet, einem schmackhaften Produkt und einer nachhaltigen Entwicklung wird immer mehr anerkannt (Kontrollierte Herkunftsbezeichnung, Bio-Einkaufsgemeinschaften, Slowfood, Locavores und sogar zahlreiche Unesco-Anbaugebiete). Der Garten „Un Paysage à goûter“ spiegelt diese Beziehung zwischen den Sinnen, dem Boden, dem Produkt und den Menschen wider. Dieser Garten ist eine miniaturisierte Landschaft. Hier zeigen das Gebiet, der Boden und der Untergrund das empfindliche Gleichgewicht, das dort für eine vernünftige Landwirtschaft vorhanden sein muss.
Diese Landschaft zeigt uns wie ein Gemälde eine Abfolge von bebauten und mit Wäldchen gekrönten Hügeln. Die übereinander liegenden Strohballen nach der Anbautechnik „Straw Bale Gardening“ erinnert an die Sedimentschichten, und ihr klarer Schnitt kann als ein geologischer Schnitt verstanden werden, der über einem Boden liegt und sich verändert, wenn das Stroh sich von oben zersetzt. Somit trägt und nährt das Stroh wie ein Boden die Nahrungspflanzen, darunter den Weizen, der seinerseits Stroh erzeugt.
Der Rundgang durch den Garten führt uns bei einer Reise ins Zentrum dieser Landschaft, die man schmecken kann, durch diese Strukturen im Rhythmus der Mahlzeit und der Jahreszeiten – Vorspeise, Hauptspeise, Dessert, Brot und Wein, und Gang der Ernten.
Gestaltung
Pascale MARQ, Landschaftsarchitektin, Pierre-Marie TRICAUD, Agrarwissenschaftler, staatlich geprüfter Landschaftsarchitekt (DPLG), Stadtplaner, Emmanuel TAILLARD, Student an der ESAJ, Laurence DU PLESSIX, Dekorateurin, und „Le Potager extraordinaire“ (Baptiste PIERRE und Yann LE YONDRE, Gartenbotaniker)
FRANKREICH
Pascale Marq gestaltet Landschaft in situ und in visu, indem sie eine zweigleisige berufliche Tätigkeit als Malerin und Gartenarchitektin ausübt, die seit einigen Jahren auf die Gestaltung von Gärten der Sinne spezialisiert ist, in denen blühende und aromatische Pflanzen kombiniert werden. Sie besitzt seit drei Jahren ein eigenes Planungsbüro, in dem sie zahlreiche private und ganz unterschiedlich große Gärten sowie das Labyrinth der nationalen Iris-Sammlung im Schloss Morchênes in Saint-Cyr-en-Val (Loiret) ausarbeitet. Sie nimmt an zahlreichen Gemäldeausstellungen teil. Seit 2008 ist sie Beraterin der Stadt Isdes (Loiret) und mit Stadtplanung, Landschaftsgestaltung, architektonischen Restaurierungen und Bepflanzung der Kommune (2 Blüten) beauftragt und ist Vertreterin im Gemeindeverband.
Pierre-Marie Tricaud ist als Agrarwissenschaftler, staatlich geprüfter Landschaftsarchitekt (DPLG) und promovierter Stadtplaner von den Feldern über die Landschaft in die Stadt gekommen. Der frühere Vorsitzende der Fédération française du paysage (französischer Verband der Landschaftsarchitekten) arbeitet im Institut d’Aménagement et d’Urbanisme (Raumordnungs- und Stadtplanungsinstitut) von Île-de-France und führt Begutachtungen der Kulturlandschaften des Welterbes für die Unesco und Icomos aus (Val de Loire, Haut Douro, Tokaj, Causses und Cevennen, Libanon, Champagne…).
Laurence du Plessix arbeitet mit wachen Augen und Ohren: Sie hat seit jeher gemalt und musiziert, nachdem sie die Dekors für Inneneinrichtungen und Veranstaltungen ausgeführt hat, und gibt zur Zeit Klavierunterricht.
Emmanuel Taillard vereint körperliche Arbeit und Planung: Nach einem höheren Fachabschluss (BTS) in Landschaftsgestaltung erlernt er an der ESAJ den Beruf des Landschaftsarchitekten und arbeitet, wann immer es ihm möglich ist, im Garten.
„Le Potager extraordinaire“ beherbergt in La Mothe-Achard in der Vendée eine große Sammlung an seltenen und alten Gemüsesorten, deren Tomaten und Flaschenkürbisse vom Conservatoire des collections végétales spécialisées (Konservatorium der spezialisierten Pflanzensammlungen) anerkannt sind. Er ist Mitglied der Potagers de France (Gemüsegärten Frankreichs) und der Hilfsvereinigung für soziale Eingliederung (Vorsitzender: Georges Guilloteau; Projektbeauftragte: Baptiste Pierre und Yann Le Yondre).
Mechtild Rössler, eine externe Beraterin unseres Teams, ist die wichtigste Fachfrau für Kulturlandschaften im Welterbezentrum der Unesco. Sie kennt die vierundzwanzig im Erbe der Menschheit geführten Landschaften, von denen viele Erzeuger sind, was sie veranlasste, zahlreiche Fördermaßnahmen für lokale Gebiete zu unterstützen (Slow Food, Kontrollierte Herkunftsbezeichnung…).