22. Ainsi parlait l’enfant
published at 31/01/2022
Dieser Garten ist eine Suche nach dem Ideal, frei inspiriert von den drei Verwandlungen des Geistes, die der deutsche Philosoph Friedrich Nietzsche in Also sprach Zarathustra beschrieb. Auf dem Weg zum Ideal verwandelt sich der Geist zunächst in ein Kamel. Gehorsam und demütig trägt es das ganz Gewicht der moralischen Werte auf seinem Rücken. Der Garten öffnet sich in diesem Sinne auf einen ersten Bereich, der die Rauheit der Umgebung in Szene setzt. Kahle Flächen, robuste Vegetation, die sich hier nur durch ständige Anpassung mühsam am Leben halten kann.
Danach verwandelt sich der Geist in einen Löwen, er lehnt sich gegen die bestehende Ordnung auf. In scharfem Kontrast zum vorhergehenden, ist im zweiten Bereich ein kraftvolles Aufwallen spürbar, ein Streben nach Freiheit, ein stolzer beherrschender Blick. Kraftvoll und frei ragen die Gräser auf erhobenem Boden aufrecht zum Himmel empor.
Schließlich verwandelt sich der Geist in ein Kind, das sich keinen Regeln mehr unterwerfen und sich auch nicht dagegen auflehnen muss. In ursprünglicher Unschuld überwindet es alte Werte. Der ideale Garten ist der des Kindes. Dank seiner Vorstellungskraft und seiner Sorglosigkeit knüpft es innige Bande mit allem Leben: endlich öffnen wir uns anderen Lebensformen.
Aus diesen drei Verwandlungen des Geistes ergibt sich ein Weg, der uns die Ideale vor Augen hält, die nebeneinander existieren. Die Suche nach Einheit und Idealen verlangt einen langen Weg...
GESTALTUNG
Bruno PASTANT, Mathilde ALBERT, Léna THEBAUDEAU und Nicolas MARTIN, Studenten
Aurélien RAMOS, Lehrer
ÉCOLE NATIONALE SUPÉRIEURE DE PAYSAGE DE VERSAILLES
FRANKREICH
Léna Thebaudeau
„Ich bin in einem Dorf auf dem Land im Département Seine-et-Marne namens „Bitibout“ zur Welt gekommen. Es hat 27 Einwohner. Meine Kindheit habe ich damit verbracht, durch die Landschaft zu streifen und die Perspektiven von Orten, die ich auswendig kannte, zu erweitern. Seitdem hänge ich wegen der Menschen und wegen der Landschaft sehr an meinem Dorf. Nach meinem Abitur habe ich einen ganz anderen Weg eingeschlagen. Tatsächlich habe ich eine Vorbereitungsklasse der EHC (École des Hautes Études Commerciales) besucht. Ich habe dort viel gelernt, sowohl über mich als auch über die Welt, in der wir leben. Ich habe dort vor allem gelernt, dass ich in diesem Bereich nicht weitermachen wollte. Ich entdeckte dann die École Nationale Supérieure de Paysage in Versailles. Ich habe diese Schule nach einem Jahr Vorbereitungsklasse für die Grandes Écoles de Paysage besucht, ein ebenso lehrreiches wie tolles Jahr. Parallel dazu habe ich immer Musik gespielt und mir wird immer wieder bewusst, welche verbindende Kraft und universelle emotionale Wirkung sie hat. Da mich die Menschen und die Landschaft begeistern, möchte ich mich in diesem Bereich durch Kino, Lesen, Musik und alle anderen Formen der Kunst inspirieren lassen. Besonders berührt bin ich von jenen, die es schaffen, dass man erkennt, was die Menschen in unseren Landschaften erleben. Raymond Depardon, Sebastião Salgado, Agnès Varda… mit demselben Ziel lerne ich weiter und perfektioniere die zahlreichen Mittel, die ich zur Verfügung habe: Kamera, Papier, Stifte, Musik… Ich wünsche mir, durch Begegnungen und Reisen die Sensibilität ausdrücken zu können, die wir der Landschaft gegenüber haben.“
Mathilde Albert
„Ich komme ursprünglich aus einem kleinen Dorf mitten in den Bergen des Zentralmassivs und bin seit meiner Kindheit mit der ländlichen Gegend vertraut, die durch ihre Reliefs und bewaldeten Berge besticht. Von Überraschungen und spektakulären Aussichten auf die Täler verwöhnt, habe ich die Landschaft immer als große Kulisse betrachtet. Parallel zu dieser persönlichen und vertrauten Herangehensweise habe ich begonnen, mich für Design unter dem sozialen Aspekt zu interessieren. Ich begeistere mich für die Beziehung zwischen Mensch und Landschaft, ihren Platz im städtischen Umfeld und die Art und Weise, wie sie miteinander interagieren. Ich habe also mit dem Studium der angewandten Kunst und dem Üben der Planung begonnen. Nach und nach habe ich mich auf die Landschaft spezialisiert, wobei mich immer auch die Szenographie und alternative Herangehensweisen gereizt haben. Ich wollte immer Planung und konkrete Durchführung vermischen, in Verbindung mit der betroffenen Bevölkerung oder mit Kollegen mit verschiedenen Laufbahnen. Die Einbindung des Menschen und die Bedeutung des Sozialen in Projekte für Platz und Raum berühren mich und spiegeln meine Art, die Landschaft von morgen zu sehen, wider. Mit meiner Leidenschaft für die Aufwertung verlassener Räume, möchte ich mich in eine Stadtplanung des Übergangs einbringen, um das Projekt vor Ort zu erproben. Diese Vision wird durch das Theaterspielen und Tanzen sowie durch die Beziehung zwischen Körper und Raum genährt. Als ich die École Nationale Supérieure du Paysage in Versailles mit dem Vorsatz besuchte, Landschaftsdesignerin zu werden, habe ich mich dem lebendigen Aspekt der Landschaft angenähert. Ich habe mich durch Lektüre und Vermessungen der Welt der Botanik und Umwelt geöffnet. Parallel zu meinem Studium bereite ich gerne Wettbewerbe für temporäre Veranstaltungen, urbane Festivals oder Gärten vor, die mir ermöglichen, etwas Konkretes beizutragen und durch multidisziplinäre Teams dazu zu lernen.“
Bruno Pastant
„Ich wurde inmitten der Pyrenäen geboren und genieße seit meiner Kindheit diese wirklich unterhaltsamen Orte zwischen Zeichnen, Skifahren und Abenteuer. Schnell finde ich meinen Platz in der Landschaft, ich gärtnere, kreiere und verändere das Erscheinungsbild des Familiengartens. Im sekundären Bildungsbereich entwickele ich ein Interesse für das Erkennen von Pflanzen und habe Lust, immer mehr zu lernen. Dieser Wissensdurst führt mich dazu, ein Praktikum im Jardin Massey, dem botanischen Garten der Stadt Tarbes (Département Hautes-Pyrénées) zu machen, während welchem sich mein Interesse an Pflanzen verstärkt. So gewinne ich 2018 den Preis des Wettbewerbs der Erkennung von Pflanzen in der Region Okzitanien. Von den Studien in der Landschaft beflügelt, stürze ich mich ins Fachabitur und dann in ein duales BTS, während welchem ich verschiedene Pflege- und Gestaltungsarbeiten machen kann. Das Reisen inspiriert mich. Das Studium ermöglicht mir, drei verschiedene Regionen zu bereisen, in denen ich verstehe, dass jede Gegend seine eigene Kraft, seine eigene Identität besitzt, die aus der Landschaft ein Universum voller Wunder machen. In der Vorbereitungsklasse versuche ich die künstlerische Seite und den Aspekt der Sinne zu entwickeln, um sie mit meinen botanischen Kenntnissen zu verbinden. Ich möchte dekorative Gestaltungen voller Blumenpracht entwerfen. Die Arbeit im Team ist für mich eine Gelegenheit zum Austausch und der Vermischung der Kulturen, die zu immer träumerischeren Gestaltungen führt, die von jedem Teammitglied qualitativ hochwertig ausgearbeitet werden. Nach sieben Jahren in diesem Bereich gehe ich an die École Nationale Supérieure du Paysage in Versailles und schließe mich dem Team des Büros AMT an, in dem ich mich entfalten und an Projekten von morgen mitarbeiten kann.“
Nicolas Martin
„Ich komme ursprünglich aus dem Val d’Essonne und bin Student des Garten- und Landschaftsbaus. Schon im Alter von 7 Jahren entdeckte ich meine Liebe zum Garten und meine ersten Werke im behüteten Zuhause bestanden darin, den Büschen einen Formschnitt zu verleihen oder im Garten meiner Großeltern eine Schiefertreppe zu bauen. Dieser wachsende Reiz, den der Garten auf mich ausübte, wurde schnell zur Besessenheit, ich wollte mehr über die Gestaltung von Außenanlagen, die Leitung von Baustellen, die Agrarwissenschaft oder auch die Botanik wissen. Da ich im Berufs- wie im Privatleben von Natur aus neugierig bin, interessierte ich mich schon sehr früh für die Musik. Nachdem ich Schlagzeug und dann Saxophon gelernt hatte, spiele ich jetzt seit vielen Jahre in einer Band. In meiner Jugend entdeckte ich meine Liebe zu den darstellenden Künsten und wurde Hobby-Zauberkünstler, wobei ich auf Kongressen und in privaten Clubs mit der geheimnisvollen Welt der Magie in Berührung kam. Als ich nach Charente-Maritime und dann an die Côte d’Azur ging, um mein Studium fortzusetzen, ergab sich ein Praktikum im Luxussektor, ich arbeitete saisonal als Gärtner in der Stadt Paris oder als Praktikant in den Gärten des Schlosses Villandry. Parallel zu meinem Studium biete ich seit meiner Volljährigkeit meine Dienste für Gartenpflegearbeiten an, die ich selbstständig durchführe. In einer Vorbereitungsklasse für die Grandes Écoles bilde ich mich im Zeichnen und anderen Grafiktechniken weiter, mit dem Ziel, mein Studium fortzuführen und erste Kenntnisse in der Landschaftsplanung zu erwerben. Dank meines Staatsdiploms als Landschaftsgärtner der École Nationale Supérieure du Paysage in Versailles und reich an Erfahrungen aus der Praxis und meiner Berufsausbildung, habe ich mich jetzt dem Beruf des Landschaftsgestalters verschrieben.“
Aurélien Ramos
„Ich bin ein Produkt der Landschaften des Stadtrandes im Süden Frankreichs, was aus mir einen Landschaftsgärtner machte, der sich für die Bereiche des Alltags und gewöhnliche Tätigkeiten interessiert. Als Mitgründer des Kollektivs Friche and Cheap, habe ich fast zehn Jahre daran gearbeitet, durch gemeinsam gestaltete Projekte wie geteilten Gärten, Gemeinschaftsplätzen und der Aneignung vernachlässigter städtischer Bereiche wieder eine Verbindung zwischen den Einwohnern der Stadt und ihrem Umfeld herzustellen. Drei Jahre lang habe ich im Rahmen von PNRQAD [Re]Centres für die Stadt Bordeaux gearbeitet: als Betreuer der experimentellen Verfahren für die Begrünung des ehemaligen Zentrums und insbesondere für die Projektentwicklung einer Gartenstraße, die von den Einwohnern bepflanzt wird. Meine im September 2021 verteidigte Doktorarbeit stellt eine retrospektive Analysearbeit dieser Erfahrungen in der Garten- und Landschaftspflege dar. Meine Forschungsthemen befassen sich aktuell mit den täglichen Praktiken, die dazu beitragen, den Raum und die Landschaft zu gestalten, durch Instandhaltung, Pflege, Wartung, Schonung, aber auch durch spielerische Tätigkeiten. Eines meiner Tätigkeitsfelder befasst sich tatsächlich mit der Begleitung von Projektentwicklungen von „Abenteuerplätzen“, diesen unkonventionellen Spielplätzen, wo die Kinder beim Spielen ihre eigene Umwelt schaffen. Inzwischen bin ich assoziierter Dozent an der École Nationale Supérieure d'Architecture et de Paysage in Bordeaux und seit 2017 und lehre ich regelmäßig an der École Nationale Supérieure du Paysage in Versailles. Dort habe ich auch Léna, Mathilde, Bruno und Nicolas im Rahmen eines Workshops kennengelernt, für den ich verantwortlich war.“