Historischer Park und Vordach der Stallungen
Dominique Bailly
"Le chemin de Diane" und "Les sphères"
published at 11/03/2019
„Seit 1984 ist für Dominique Bailly Holz ihr lebendes Lieblingsmaterial, das sie mit Säge, Schleifstein und Bimsstein bearbeitet, bis sie eine extrem feine und sich weich anfühlende Oberfläche erhält und die Stränge, die die Hülle des Baumes wie Nervenbahnen durchziehen, offenliegen: die Ansätze eines Zweiges, Knoten, Jahresringe, Verbrennungen durch Blitze, Risse, Unebenheiten. Eine Geschichte, ein Erinnerungsbuch, ein natürlicher Atlas, den man für eine geheimnisvolle Entzifferung konsultiert, zu dem eine Reihe absichtlich einfacher Formen einlädt. Kugeln, aufgehängte Bretter, stumpfe Kegel, die durch eine angemessene Behandlung an dem Zusammenfluss von Bildern platziert, die von sehr weit weg in Raum und Zeit kommen. Ebenso „offenbaren“ ihre Holzarbeiten einen bildhaften Charakter, eine in die Materie eingeschriebene Zeichnung, ihre Landschaftsskulpturen haben den Charakter einer Befreiung, einer Entblößung: das Erfahren eines Ortes, das Verständnis der Linien, die die natürliche Disposition des Ortes bestimmen und die Aufstellung der Elemente, oft mit mimetischen Charakter, die ihn fühlbar machen. Auch hier wieder handelt es sich um eine Rückbesinnung auf sehr alte Einstellungen zur Natur, die in der heutigen Sensibilität ein besonderes Echo finden.“ Dominique Blanc, Auszug aus dem Artikel Paysages du dedans.
Le chemin de Diane
Die Werke von Dominique Bailly animieren den Besucher zum Spazieren und zu seiner physischen Involvierung. Sie leiten ihn bei seiner allmählichen Erkundung der Landschaft und schließen ihn als Beteiligten an einem Ort ein, dessen Rhythmen und Topographie er erforscht. Dieses Konzept der Künstlerin von der „Skulpturenpromenade“, findet sich in dem in Chaumont-sur-Loire präsentierten Werk wieder. Das Werk von Dominique Bailly entsteht aus einer Begegnung zwischen Geschichte, Kunst und Natur nach Inspiration der Symbole von Diana von Poitiers. Diana, die berühmte Frau, die die Geschichte des Schlosses von Chaumont-sur-Loire geprägt hat, ist auch der Namen der Mond- und Jagdgöttin und ihre Wahrzeichen sind heute noch auf dem Monument zu sehen. Die Kreisbögen, die an Mondsicheln und den Bogen der Diana erinnern, sind die vorherrschenden Formen des von der Künstlerin erdachten Werks. Ein Holzweg leitet die Schritte des Besuchers bis zur Loire. Die Mondsicheln bilden im Raum wie riesige ausgebreitete Blätter eine Betrachtungsweise der Landschaft.
Les sphères
Unter dem Vordach der Stallungen platziert Dominique Bailly fünf Holzkugeln mit einem Durchmesser von 80 bis 120 cm. Drei Kugeln bestehen aus Mammutbaumholz, eine aus Eichenholz und die fünfte aus Zedernholz, so dass drei verschiedene Holzarten im Schlosspark präsentiert werden. Diese großen Formen tragen zu einer veränderten Wahrnehmung des Ortes bei, verleihen dem Raum eine andere Dimension und bilden durch ihre orange Farbe eine Erwiderung auf die Farbe der Ziegelsteine der Architektur.
Biographische Angaben
Dominique BAILLY
FRANKREICH
Dominique Bailly ist Bildhauerin. Sie lebt und arbeitet in Paris und in der Touraine. Seit Mitte der 1970er Jahre ist ihre Arbeit von einer kontemplativen Beziehung zu den Naturgebieten, die sie als Lebensort wählte (die Wälder der Bretagne und der Region Limousin, die Küste der Vendée, das Ufer der Loire), geprägt.
In ihrem künstlerischen Schaffen, das hauptsächlich auf der Beziehung zur Landschaft gründet, beschreitet sie zwei Wege: die Erstellung von Skulpturen im Atelier und der direkte Eingriff in die Landschaft.
Im Atelier bevorzugt sie die Arbeit in direktem Kontakt mit dem Material sowie Formstudien. Eichenstammstücke, elliptische Formen aus Buchenholz und Kugeln aus Mammutbaumholz mit einem Meter Durchmesser zählen zu ihren Schöpfungen. Ihre Werke erschafft sie häufig in Serien, beispielsweise die vulkanischen Bomben Die Tränen der Erde, Kugeln oder Bretter, die sie zur Präsentation in Form von Installationen organisiert.
Während die einen einfach auf dem Boden positioniert werden, isoliert oder in präzisen Anordnungen, werden andere aufgehängt und entsprechend dem Ort, wo sie sie ausstellt, verteilt. Die Künstlerin ordnet ihre Werke so an, dass sie dem Betrachter einen Weg vorschlagen, ihm jedoch gleichzeitig die Freiheit lassen, ihr Werk so zu erkunden, wie er möchte.
In ihrem Schaffen als Bildhauerin verbindet sie immer Zeichenpraxis mit Formenstudium.
Mit ihrem Werk wirkt sie direkt auf die natürliche Umgebung ein und erschafft Pflanzenarchitekturen, Ereignisse und Installationen, die den Raum wie eine Skulptur formen.
Wenn sie vom Atelier zum direkten Wirken in der Landschaft übergeht, behält sie dasselbe Prinzip der Offenlegung einer Form, eines Sinnes bzw. einer versteckten Geschichte bei. Ihre Intervention, die an die Arbeit eines Gärtners bzw. Archäologen erinnert, legt bedeutsame Elemente offen, die während der Ortserkundung entdeckt wurden, und strebt danach, den Geist des Ortes zu betonen. Diese Werke laden zu einem Spaziergang ein, zur physischen Einbeziehung des Besuchers, leiten ihn bei seiner schrittweisen Erforschung der Landschaft, und schließen ihn als einen aktiven Teilnehmer an diesem Ort, dessen Rhythmen und Topographie er erforscht, ein. Die Künstlerin hat so mit dem vertrauten Bild megalithischer Steinalleen das Konzept einer „Skulpturenpromenade" geschaffen.
Bei Interventionen, die direkt mit einem Architekturprojekt verbunden sind, versucht sie eine Dialektik zwischen dem Werk, der Landschaft und der Architektur zu erstellen, unter Berücksichtigung des Ortes und seiner Umgebung mit ihren geschichtlichen, räumlichen und funktionellen Dimensionen. In diesem Zusammenhang ist das Werk kein „Objekt zum Ansehen" sondern eher ein „Raum zum Leben", erstellt für einen bestimmten Ort. Ziel ist die Schaffung von Räumen und Strukturen, die nicht nur formal sind, sondern auch in der Lage, zu einer spürbaren Erfahrung des Ortes zu führen, die Zeit und Raum für Überlegung und Wanderungen erfordert.