23. Le jardin zèbre
Awarded on the 22nd of June 2021 by a jury of professionals renowned in the world of garden art
In einem planetarischen Kontext, der durch die Aktivität des Menschen aus dem Gleichgewicht geraten ist, wird unsere Umwelt in den kommenden Jahrzehnten immer stärkeren Temperaturunterschieden ausgesetzt sein. In Afrika gibt es schon jetzt eine sehr ausgeprägte Temperaturamplitude zwischen Tag und Nacht. Ein Tier erweist sich hier als besonders inspirierend: das Zebra. Wissenschaftlichen Untersuchungen zufolge soll es im Laufe seiner Evolution eine Strategie entwickelt haben, um seine Körpertemperatur zu regulieren und den extremen Temperaturen in der Savanne zu trotzen. Sein Fell besteht aus weißen Streifen, die die Sonnenwärme reflektieren, und aus schwarzen Streifen, die sie absorbieren. Diese Wärmeregulierung vermeidet, dass es tagsüber unter der Hitze und nachts unter der Kälte leiden muss.
Auf den Garten übertragen werden die Zebrastreifen als Relief umgesetzt und zeigen sich in Pergolen mit einer Verkleidung aus Rohrmatten, die die schwarzen Streifen imitiert. Die weißen Streifen wiederum werden von den Abständen zwischen den Pergolen dargestellt. So mildern leichte Luftbewegungen die Extremtemperaturen. Mit diesen wechselnden Darstellungen gibt der Garten ein temperiertes Mikroklima wieder, das Anbau begünstigt, sogar bei sommerlichen Hitzewellen. Unter dieser Nachahmung eines schützenden Zebrafells entwickelt sich eine üppige Vegetation, die von Farnen dominiert wird. Vertikale Wände teilen den Raum in Abschnitte ein und lenken den Blick des Besuchers auf Farne, Fingerhut und weitere Riesen des Unterholzes.
GESTALTUNG
Das Atelier des Réserves ist ein Kollektiv geländegängiger Landschaftsplaner: Laurian Gascon, Stanislas Jung und Etienne Vazzanino arbeiten gemeinsam an experimentellen Projekten, mit denen sie ihre Sichtweise auf die Landschaft in einer Welt, in der der sparsame Einsatz der verwendeten Mittel besonders wichtig ist, zum Ausdruck bringen wollen. Die Projekte werden wegen ihrer Überlegungen zur Welt von morgen ausgewählt. Die Arbeitsweise des Ateliers versteht sich als ortsverbunden und bodenständig; wer hier lebt, soll Gehör finden. So steht die Wahl der Werkzeuge, Materialien und Stoffe sowie ihre Wiederverwendung oder direkte Aufbereitung im Mittelpunkt des Projekts. Das Kollektiv geht davon aus, dass das Projekt nicht alles beherrschen soll, sondern, im Gegenteil, dass es dem Ort wieder eine gewisse Freiheit geben soll ... um ihn für die Zukunft zu bewahren.
Laurian Gascon, den das Lebende in allen seinen Formen begeistert, absolvierte Ausbildungen als Zeichner und Keramiker, bevor er Landschaftsgestalter wurde. Seit 3 Jahren entwickelt sich seine Arbeit mit Landschaft in mehreren Formen und auf unterschiedlichen Ebenen: Analyse von Gebietsprojekten, landschaftliche Aufwertung eines Sees, künstlerische Installation, Ausstellung, Gartenplanung. Er nutzt die große Vielfalt an Möglichkeiten, die der Beruf des Landschaftsplaners bietet; besonderen Wert legt er darauf, seine Projekte kollektiv auszuarbeiten und dabei das Gleichgewicht zwischen natürlichen und menschlichen Kräften zu berücksichtigen. Sensibilisiert für die gesellschaftlichen und umweltbedingten Herausforderungen des 21. Jahrhunderts, sieht er die Landschaft als wertvollen Ansatzpunkt auf dem Weg zu einer Gesellschaft, in der Natur und Kultur Hand in Hand gehen.
Von der Erde begeistert hat Stanislas Jung bereits mehrere Leben geführt: als Naturfotograf engagierte er sich mehrere Jahre lang in enger Zusammenarbeit mit dem Regionalen Naturpark von Lothringen bei der Beobachtung von Vogelpopulationen im Land der Seen. Der abenteuerlustige Landschaftsplaner, den das Überleben in der Wildnis fasziniert, zieht über hunderte von Kilometern seine Kreise; in völliger Unabhängigkeit sucht er entlegene Landstriche auf, um an seine Grenzen zu gehen und das Leben zu spüren. Menschenverlassene Gegenden wie Island, die Mongolei oder Lappland ziehen ihn magisch an und beruhigen ihn. Durch diese Leidenschaft brachte er zwei Veröffentlichungen bei den Éditions Tiret du 6 hervor. Als Abenteurer, aber auch Kunstsammler, öffnete er sich sich durch die Gründung des Cabinet d‘art, einer auf Modedesign spezialisierten Galerie, der Welt der Sammler. Stanislas zeigt vollen Arbeitseinsatz, er verbindet Eleganz mit Wildheit, was sich in seinen Projekten widerspiegelt, in denen er sein feines Gespür und seine Kenntnisse dieser auf den ersten Blick gegensätzlichen Welten bravourös miteinander kombiniert. Nach seinem Abschluss an der École Nationale Supérieure de Paysage in Versailles gründet er sein Landschaftsplanungsbüro HORUS Paysages. In enger Zusammenarbeit mit Architekturbüros – ein Gebiet, das ihm durch sein Architekturstudium in Versailles bestens vertraut ist – entwickelt er Gärten und Parks.
Mit seiner Begeisterung für die Dynamik natürlicher Räume und naturverbundene Landschaftsplanung bringt Étienne Vazzanino eine innovative Arbeitsweise in seinen Beruf. Feinfühlig und bescheiden mischt er seine Kenntnisse, von uralten Arbeitsweisen bis hin zu modernen Werkzeugen, um sie besser an die heutige Welt anzupassen. Obwohl er sich der aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen bewusst ist, idealistisch denkt und ein Gespür für die Welt der Lebewesen hat, steht er mit beiden Beinen fest auf dem Boden. Da er über die Stadtplanung zur Landschaft gelangte, legt er ein besonderes Augenmerk auf die Berücksichtigung der vor Ort bestehenden dynamischen Kräfte. Besonders wichtig sind ihm dabei das Gebiet und die Art, das Projekt direkt dort zu entwerfen und zu gestalten. Als Absolvent der École Nationale Supérieure de Paysage von Versailles steht er für eine bescheidene Herangehensweise und geht auf den Ort und seine Bewohner ein. Im Lauf seiner ortsverbundenen Landschaftsarbeit entwickelte er ein sehr ausgeprägtes Gespür für das Material und die Werkzeuge, mit denen es geformt wird. Als Landschaftsbauer und Handwerker der Gartenkunst ist er Landwirt, Konstrukteur, Macher.