06. Le jardin de la réciprocité
published at 31/01/2022
PRIZE FOR DESIGN
Awarded on the 22nd of June 2022 by a jury of professionals renowned in the world of garden art
Heute, da die Menschheit in einem Maße auf die Natur einwirkt, das sie zu ihrer größten Bedrohung geraten lässt, erinnert der Jardin de la Réciprocité (Garten der Wechselseitigkeit) daran, dass der Mensch ohne sie nicht existieren kann. Die Natur und der Mensch stehen in gegenseitiger Abhängigkeit. Dieses enge Band gilt es mit neuen Augen zu sehen, um das Gleichgewicht des Lebenszyklus auf der Erde wiederherzustellen.
Mit als Totems errichteten Spiegeln und mehreren Wasserstellen fordert der Garten der Wechselseitigkeit den Betrachter auf, über die Beziehung zwischen Natur und Mensch nachzudenken. Am Eingang des Gartens stehen sich zwei Spiegelreihen gegenüber und werfen dem Besucher, der das Experiment wagt, sein Abbild zurück. Hinter diesem „Portal der Reflektion“ zwischen Trennung und zauberhafter Anziehung öffnet sich der „Wald der Symbiose“. Der als Agroforst konzipierte Wald erfüllt alle Grundbedürfnisse. Hier finden sich insbesondere medizinische und heilige Pflanzen, von denen einige vom Aussterben bedroht sind. Dabei macht die Wahl der Pflanzenarten weder vor kulturellen noch vor geografischen Grenzen halt und orientiert sich in erster Linie an der Resilienz, mit Vogelbeere, Pyramidenpappel, Gingko, Holunder oder auch Hafer.
Der „Kreis der Wechselseitigkeit“ erscheint in der Mitte des Gartens in der Gestalt eines Beckens, umgeben von Spiegel-Totems, die den individuellen Betrachter teilweise widerspiegeln, in Fragmenten, die ihn und die anderen Menschen an seiner Seite mit der umgebenden Natur vermengen. Hier verschmilzt der Mensch mit der Natur und steht nicht mehr im Zentrum der Welt. Wo endet der Mensch? Wo beginnt die Natur? In der gleichen Landschaft...
GESTALTUNG
RIOS -Jason SHINODA, Elisa READ PAPPATERRA und Stephanie LIN, Landschaftsarchitekten-
VEREINIGTE STAATEN
Jason Shinoda, ASLA, PLA, Designdirektor, Landschaftsarchitektur
Jason Shinoda ist Landschaftsarchitekt und Designdirektor bei der multidisziplinären Designfirma RIOS in Los Angeles. Seine Leidenschaft für Landschaften und Gärten geht auf seine prägenden Studienjahre zurück, als er sich mit japanischen Gärten in Kyoto beschäftigte und sich um jahrhundertealte Moosgärten kümmerte, während er in einem Zen-Tempel aus dem 16. Jahrhundert arbeitete. Seine Interessen weiteten sich auf die zeitgenössische Architektur aus, insbesondere auf die Schnittstelle zwischen Innen- und Außenräumen. Nach seinem Master-Abschluss in Landschaftsarchitektur an der Graduate School of Design der Harvard University begann er seine berufliche Laufbahn als Landschaftsarchitekt in London. Er arbeitete an mehreren bedeutenden Projekten für Landschaftsurbanismus und grüne Infrastruktur im Vereinigten Königreich, im Nahen Osten und in Indien und entdeckte dabei seine Leidenschaft für das ökologische Bepflanzungsdesign. Nach sieben Jahren im Ausland kehrte er in seine Heimatstadt Los Angeles zurück, wo er seither bei RIOS arbeitet. Seine Arbeit umspannt ein breites Spektrum an Bepflanzungsarealen und Typologien, von öffentlichen Parks und Plätzen bis hin zu Museen und Wohngärten, wobei er sich auf das Erzählen von Geschichten durch eindringliche und potenzierte Erfahrungen stützt. Jasons Arbeiten suchen nach kreativen Lösungen, um städtische Ökosysteme wiederherzustellen und Anpassungen an extreme Hitze und Wasserknappheit in trockenen Umgebungen zu finden. Ihm ist es wichtig, die subtilen und wesentlichen Eigenschaften eines Ortes aufzuspüren und diese in gut gestaltete, reichhaltige Details in der Landschaft zu übertragen.
Elisa Read, Gartenbau, Spezialistin für Feuerökologie, Landschaftsarchitektur
Elisa Read begann ihre berufliche Laufbahn in der Architektur in ihrem Heimatland, der Dominikanischen Republik, wo sie sich dafür interessierte, die Grenzen zwischen Innen- und Außenräumen zu verwischen. Im Jahr 2000 zog sie nach Los Angeles, Kalifornien, um am SCI-Arc einen Master in Architektur, Metropolitan Research + Design, zu absolvieren. Diese Erfahrung bildete die Grundlage für ihr umfangreiches Wissen über Flora und Fauna. Sie war mehr als 10 Jahre lang festes Mitglied von RIOS, einer multidisziplinären Agentur. Als Gartenbauspezialistin leitete sie das Studio mit kreativen Denkanstößen zu Nachhaltigkeit, Botanik, Gartenbau und Feuerökologie. Sie hat ein preisgekröntes Werk im Bereich der Gestaltung und der Konstruktion von großräumigen Landschaftsprojekten geschaffen, die reich an botanischen und ökologischen Werten sind. In der Baumschulbranche und im Landschaftsbau ist sie aufgrund ihres unstillbaren Wissensdurstes und ihrer Leidenschaft für die Gestaltung sinnvoller Landschaften weithin bekannt. Vor kurzem hat sie ein Forschungsprojekt mit dem Resource Conservation District of the Santa Monica Mountains abgeschlossen. Das Projekt war Teil eines Zusammenschlusses aus staatlichen und lokalen Behörden, Feuerwehren, Umweltforschern und gemeinnützigen Organisationen zur Schaffung von „Sustainable Defensible Space“. Das Projekt enthält die benutzerfreundliche Website defensiblespace.org, auf der bewährte Praktiken zusammengestellt wurden, die die Abhärtung von Häusern gegen Feuer und die nachhaltige, feuerbeständige Landschaftsgestaltung in Südkalifornien beschreiben. Elisa ist begeisterte Vogelbeobachterin und arbeitet aktiv darauf hin, alle kalifornischen State Parks und Schutzgebiete zu besuchen, um die lokale Flora und Fauna zu studieren.
Stephanie Lin, Projektdesignerin, Landschaftsarchitektur
Stephanie Lin Hintergrund liegt in Landschaftsökologie, Gartenbau und Design. Bevor sie zum multidisziplinären Designbüro RIOS kam, studierte sie Ökologie an der UC Berkeley. Sie war Lehrling für Landwirtschaft und Gartenbau am Center for Agroecology & Sustainable Food Systems der UC Santa Cruz. Nach einem Karrierestart in der Gestaltung und Pflege von Hausgärten erwarb sie einen Master-Abschluss in Landschaftsarchitektur. Ihre Entwürfe sind in Größenordnung und Typologie sehr unterschiedlich und reichen von privaten bis zu institutionellen Gestaltungen. In ihrer Arbeit versucht sie, kooperativ Orte der Zuflucht zu schaffen, die Sinne zu wecken und Erinnerungen hervorzurufen. Sie setzt die Landschaftsgestaltung und ihre Elemente als Mittel ein, um Verbindungen zu Erinnerungen herzustellen - zur Sozialgeschichte eines Ortes, zur Geschichte der Natur oder zu einer persönlichen Geschichte. Da Stephanie ursprünglich aus Los Angeles stammt, ist sie mit den lokalen Ökosystemen und der Geografie Kaliforniens bestens vertraut. In ihrer Designpraxis wendet sie gerne relevante Forschungsergebnisse an, die sie mit praktischer Erfahrung kombiniert. Zu den von ihr verfassten Werken gehört die 2019 erschienene Design-Forschungspublikation „Towards a Playful City“, die die Bedeutung von spielerischen Elementen im städtischen Leben dokumentiert. Zu ihren jüngsten Veröffentlichungen gehören grafische Beiträge zu „The Wild“, einer Broschüre aus dem Jahr 2020, die adaptive Strategien für die Widerstandsfähigkeit von Gemeinschaften angesichts extremer Feuerrisiken untersucht.