04. Bleu désir
Von allen Vögeln ist die australische Familie der Laubenvögel (Ptilonorhynchidae) gewiss die mit der gewähltesten Verführungstechnik, eine Technik, die der Gestaltung eines Gartens sehr nahe kommt. Mit dem Zweck, sich eines Tages fortpflanzen zu können, richtet der „Seidenlaubenvogel“ (Ptilonorhynchus violaceus) eine Laube ein, genauer gesagt eine Liebeslaube. Um sie attraktiv zu gestalten, ordnet er darin Objekte an, die er sorgfältig aufgrund ihrer Farbe ausgewählt hat, die auch seine eigene ist: Blau.
Gibt es eine bessere Inspiration für einen Garten als das Verhalten von Verliebten? Der Garten inspiriert sich an mehreren Elementen: an der Absicht des Vogels (durch die blaue Fülle verführen), an der Gestaltung seines Gartens, an den eingesetzten (natürlichen und künstlichen) Materialien und an seiner Sammelstrategie (Wiederverwertung von Objekten, Umkreis, in dem containert wird). Ebenso wie die der Laube des Seidenlaubenvogels ist die räumliche Aufteilung des Gartens konzentrisch. Die erzwungene Perspektive durch die enger werdende Hauptallee endet in einer Lichtung, in der eine Ansammlung natürlicher und künstlicher blauer Betrachtungsobjekte inszeniert wird. Die Reisiglaube wird zu einem großen Gitterwerk aus Holz und Metall, das den hinteren Teil des Gartens ausfüllt und dessen gebogene, schmeichelnde und einladende Formen den Besucher vom Rest der Welt abschirmen. Die kreisförmige Anordnung der Objekte, die nach Farben und Größen sortiert sind, zeigt eine Fülle von Blau in verschiedenen Abstufungen. Wenn der Seidenlaubenvogel durch Containern eine Vielzahl an Objekten zusammenträgt, können das auch wir, indem wir verwaiste Objekte wiederverwerten, die zur treibenden Kraft für eine neue Ästhetik werden. Neben blauen Blüten und Blättern in einem Umfeld aus Lichtung und Unterholz hinterfragt das Vorhandensein dieser Objekte den Überfluss von Müll in der Natur und hebt gleichzeitig hervor, dass Blau hier eine seltene
GESTALTUNG
Jean Robaudi arbeitet seit 5 Jahren freiberuflich als DPLG-Landschaftsplaner und Gärtner. Nach seinem Abschluss 2016 an der École Nationale Supérieure de Paysage von Versailles plant er auf verschiedenen Ebenen, vom Anlegen privater Gärten bis hin zu großflächigen Landschaftsanalysen. Auf der Baustelle oder am Zeichentisch, allein oder im Team, macht er es sich zur Aufgabe, die vielschichtige Dynamik des Lebenden hervorzuheben. Seine Präsenz vor Ort als Gärtner und das eigene Ausprobieren inspirieren seine Art, Flächen zu konzipieren. Durch die praktische Arbeit und die Interaktion mit allen Berufsgruppen der Landschaftsplanung bemüht er sich, umweltfreundliche Projekte hervorzubringen, die mit den Ressourcen und Bedürfnissen des Standorts im Einklang stehen.
Ken Novellas ist Doktorand im Landschaftsbau, DPLG-Landschaftsplaner und Stadtplaner. Nach seinem Studium in Marseille und Nizza gründet er mit drei Kollegen die Agentur PUYA Paysage in Marseille, wo er verschiedene Studien und Projekte im Bereich Bauleitung führt. Im Oktober 2019 beginnt er, im Rahmen eines Forschungsprogramms zu promovieren, das zur Forschungshochschule „Humanités, Création, Patrimoine" der Universität von Cergy-Pontoise) und dem Laboratoire de Recherche en Projet de Paysage der École Nationale Supérieure de Paysage gehört. Seine Doktorarbeit befasst sich mit der Erprobung neuer Arten, Küstengebiete anzulegen und dabei den Herausforderungen des Klimawandels gerecht zu werden, insbesondere durch eine Hybridmethode aus Landschaftsgärtnerei und Biomimese (IFS).
Adèle Justin ist DPLG-Landschaftsplanerin mit einem Abschluss der École Nationale Supérieure de Paysage von Versailles-Marseille, den sie 2018 erlangte, und Stadtplanerin. Für Raumordnung beginnt sie sich ein paar Jahre zuvor im Rahmen ihres Fachhochschulstudiums in „Stadtplanung“ in Aix-en-Provence zu interessieren. In ihrem ENSP-Studium befasst sie sich durch einen landschaftlichen Ansatz mit verschiedenen Themengebieten wie der städtischen Flächenentsiegelung und der Aufwertung landwirtschaftlicher Gebiete. Parallel dazu entwirft sie mehrere private Gärten. 2019 tritt sie dem Planungsbüro SETEC International bei, um an der Integration großer Verkehrsnetze in die Landschaft zu arbeiten.
Schon von Kind auf begeistert sich Abel Flosi für plastische Künste, Botanik und Gärten. Er wendet sich landwirtschaftlichen Studien zu, um DPLG-Landschaftsplaner zu werden. Nach einem landwirtschaftlichen Abitur in Marseille und einem Ingenieurdiplom im Bereich Landschaftsplanung in Antibes schreibt er sich an der École Nationale Supérieure d’Architecture et de Paysage in Bordeaux ein. Ein Austausch mit der Architekturhochschule von Hanoi (Vietnam) vervollständigt seine Studienjahre. 2016 erlangt er seinen Abschluss als DPLG-Landschaftsplaner. Zusammen mit der DPLG-Landschaftsplanerin Johanna Bonella gründet er das Landschaftsatelier Lieux 10. Seitdem antworten die beiden Landschaftsplaner auf Ausschreibungen, nehmen an Auswahlverfahren teil und arbeiten regelmäßig mit Architekten und Landschaftsplanern zusammen.
Johanna Bonella wuchs fernab von der Großstadt in der ländlichen Ortschaft Fayence auf. Der direkte Kontakt mit der Landschaft der Provence weckt bei ihr eine wirkliche Begeisterung für Natur und Gärten. Schon mit 14 Jahren arbeitet sie jeden Sommer für Grünflächenunternehmen, von der Baumschule bis zur Planung und Instandhaltung von Gärten. Durch die Arbeit mit Händen und Körper lernt sie die konkrete Dimension des Landschaftsplanerberufs kennen, sie gräbt in der Erde, experimentiert und erfindet vor Ort, um durch die Handgriffe und mit der Erfahrung zu lernen. Nach einem Ingenieurdiplom im Bereich Landschaftsplanung in Antibes schreibt sie sich an der École Nationale Supérieure d’Architecture et de Paysage in Bordeaux ein. Ein Austausch mit der Universität für Architektur und Landschaft in Leeds (Großbritannien) vervollständigt ihre Ausbildung. Ihren Abschluss als DPLG-Landschaftsplanerin erlangt sie 2016, dann schließt sie sich mit Abel Flosi zusammen und gründet die Agentur Lieux 10.